
Damit es aufhört. Vom befreienden Kampf der Opfer sexueller Gewalt in der Kirche
Grabbeplatz 4 | 40213 Düsseldorf
Damit es aufhört. Vom befreienden Kampf der Opfer sexueller Gewalt in der Kirche.
Am 13.06.2023 ist am Kölner Landgericht ein bedeutendes Urteil ergangen. Geklagt hatte der ehemalige Messdiener Georg Menne gegen das Erzbistum Köln wegen hundertfachen sexuellen Missbrauchs. Mindestens 320 Mal ist Menne in den 70er-Jahren Opfer der sexuellen Gewalt seines Pfarrers geworden. Dokumentiert wurde der Missbrauch vom Täter selbst, der die Kinder damals fotografiert hatte. Auf dem Bild, das Georg Menne zeigt, ist er 13 Jahre alt. Er liegt halb nackt in einer Duschwanne, die Hände auf den Rücken gefesselt.
Seine Klage ist der erste zivilrechtliche Prozess um Schmerzensgeld wegen klerikalem Missbrauch gegen die Kirche in Deutschland und bildet einen Präzedenzfall. Das Erzbistum Köln hatte trotz der lange zurückliegenden Taten keine Verjährung geltend gemacht: „In diesem besonderen Fall hatte ich den Wunsch, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten“, teilte Kardinal Rainer Maria Woelki vor dem Prozess mit.
Nun hat das Kölner Landgericht Georg Menne Recht gegeben. Die katholische Kirche muss ihm 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Gefordert hatte er 805.000 Euro Schmerzensgeld. In der mündlichen Verhandlung konnten sich beiden Seiten jedoch nicht auf einen Vergleich bei der Höhe des Schmerzensgelds einigen. „Ich habe kein Angebot mitgebracht. Aber der volle Betrag kommt für uns nicht infrage“, sagte der Rechtsanwalt des Erzbistums Köln. In seiner Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende Richter Stephan Singbartl, dem Kläger sei furchtbares Unrecht widerfahren. Das Gericht sei jedoch nicht in den höchsten Schmerzensgeld-Bereich vorgestoßen, weil sein Leben trotz der Verbrechen nicht zerstört worden sei: „Sie leben. Sie haben geheiratet. Sie haben Kinder. Sie haben gearbeitet“, so der Richter. Es sei Aufgabe des Gerichts, sein Leid ins Verhältnis zu anderen Geschädigten zu setzen. (…)“
Sind die Schmerzensgeldsumme und deren Begründung angemessen? Wie reagieren die Betroffenenverbände auf das Urteil und wie die Kirche? Ist mit einer großen Klagewelle anderer Betroffener zu rechnen? Wie wird es in Sachen Aufarbeitung weitergehen?
Über diese Fragen, seinen eigenen Fall und sein Engagement in der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch wird Matthias Katsch in einer Collage aus Vortrag und Lesung aus seinem Buch Damit es aufhört. (2020) sprechen und anschließend mit uns diskutieren.
Matthias Katsch ist Gründer, Sprecher und Geschäftsführer der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch und Aktivist für die Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs durch Angehörige der katholischen Kirche. Seine Initiative fordert Aufklärung, Hilfe und Genugtuung, womit auch eine angemessene finanzielle Entschädigung gemeint ist.
Als Matthias Katsch und seine ehemaligen Mitschüler am Berliner Jesuiten-Gymnasium Canisius-Kolleg begannen, über ihre Erlebnisse in den 70er und 80er-Jahren zu sprechen, wurde das zum Auslöser für den katholischen Missbrauchsskandal in 2010. Seitdem ist das öffentliche Bewusstsein über das hohe Ausmaß sexuellen klerikalen Missbrauchs in Deutschland gewachsen. Hinter den zahllosen Einzelfällen wurde auch durch die Beharrlichkeit des Vereins Eckiger Tisch das System offenbar, dem die Kinder und Jugendlichen zum Opfer gefallen waren. Matthias Katsch war Mitglied im Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs und ist Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs.
Anfang 2018 trafen sich auf Mitinitiative von Katsch Betroffene und Aktivisten aus 15 Ländern in Genf und gründeten die internationale Vereinigung ECA – Ending Clergy Abuse, um der Weltkirche auch global entgegenzutreten, sich gegenseitig zu unterstützen und Informationen auszutauschen. Zu den Gründungsmitgliedern zählen außer Katsch weitere prominente Betroffene von sexuellem Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche wie Peter Saunders (Vereinigtes Königreich), Peter Isely (USA) und José Andrés Murillo (Chile). Matthias Katsch studierte Philosophie und Politik und kath. Theologie in Berlin und München. Heute ist er beruflich als Managementtrainer und Berater in betrieblichen Veränderungsprozessen tätig.
Achtung: Die Veranstaltung wird auch live ins Netz übertragen.
Fragen können während der Diskussion über den Youtube-Chat gestellt werden.
Unterstütze unsere Arbeit
Du kannst uns unterstützen: Mit einer Spende stellst du sicher, dass wir unsere Arbeit auch in Zukunft fortsetzen können.
Unsere Arbeit ist ehrenamtlich und wird von Mitgleidsbeiträgen und Spenden finanziert. Gespendete Beiträge fließen zu 100 % in die Organisation neuer Veranstaltungen und Formate und tragen dazu bei, unsere Themen gesellschaftspolitisch zu verankern.
Spendenkonto: Düsseldorfer Aufklärungsdienst e.V. / IBAN: DE39 3005 0110 1007 8585 15 / BIC: DUSSDEDDXXX
Oder ganz einfach über den Button „Jetzt spenden“ via PayPal.