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Islamkritik von links #2 | Liberale Muslime, zeigt euch endlich!

Vortrag und Diskussion mit Dr. Lale Akgün
28/03/2019
Jazz-Schmiede
Himmelgeister Str. 107g | Eingang: Ulenbergstr. | 40225 Düsseldorf
Eintritt 10,- | Ermäßigt und DA!-Mitglieder 5,-
28/03/2019

Islamkritik von Links
Religionskritik, Kritik an Patriarchat und Nationalismus, der Kampf für Gleichberechtigung, für ein Leben frei von religiösen Zwängen, für sexuelle Selbstbestimmung, für die Rechte Homosexueller und gegen Antisemitismus waren lange Zeit die vornehmste Aufgabe linker Akteure. Nicht so beim Thema „Islam“. Islamkritik wird von Links immer öfter per se als „rassistisch“ diffamiert. Selbst Menschen aus muslimischen Herkunftsländern, die unter Polizeischutz stehen, weil sie Atheisten sind, für Emanzipation eintreten oder es wagen, auf Fundamentalismus und Missstände im Islam hinzuweisen, erleben in den sozialen Netzwerken, bei Vorträgen und öffentlichen Veranstaltungen regelmäßig Shitstorms. Breite linke Solidarität: Fehlanzeige. Mit dem immer gleichen Argument – das hätte „nichts mit dem Islam zu tun“ und Kritik am Islam sei „Wasser auf die Mühlen der Rechten“ – wird jede progressive Auseinandersetzung und der Wunsch nach Diskussion abgewürgt. Das Ergebnis: Die Rechte erstarkt an der Verweigerung der Linken. Wir sind es leid, die Kritik am Islam den Rechten zu überlassen. Ebenso sind wir es leid, für Kritik am Islam als „Rassisten“ bezeichnet zu werden. Es ist dringend an der Zeit, dass linke und liberale Akteure das Feld der Islamkritik betreten. Dass sich die humanistischen, liberalen und säkularen Kräfte zusammenschließen und die innerislamische Emanzipationsbewegung unterstützen. Denn die Intoleranz zu tolerieren, bedeutet nichts weniger als das Ende der offenen Gesesellschaft. Um sie aufrecht zu erhalten, müssen wir uns das Recht nehmen, die Intoleranz nicht zu tolerieren.

Liberale Muslime, zeigt euch endlich!
Seit Jahren dominieren konservative Islamverbände wie der Zentralrat der Muslime (ZDM), die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Verein der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und die Islamische Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG) die öffentliche Debatte um den Islam. Von der Politik und der Deutschen Islam Konferenz (DIK) als Ansprechpartner für „muslimische Belange jeder Art“ geadelt, treten sie stets so auf, als sprächen sie im Namen aller rund 4,5 Millionen in Deutschland lebender Muslime. Dass sie jedoch faktisch nur einen Bruchteil der pluralen muslimischen Community repräsentieren ist wenigen bekannt. Im Gegenteil: Für die (deutsche) Mehrheitsgesellschaft stellt sich der Islam in der Regel als konservativ bis fundamentalistisch dar, kritikunfähig, unaufgeklärt und nicht Willens sich in eine offene, liberale Gesellschaft zu integrieren, in der das Individuum selbstbestimmt über sich entscheidet.
Dabei gibt es sie selbstverständlich, die aufgeklärten säkularen Muslime.
Sie werden jedoch in der Öffentlichkeit bislang zu wenig wahrgenommen und unterstützt, sind selten Ansprechpartner der Politik und werden aus den Reihen der Linken regelmäßig als „Rassist*innen“ beschimpft, wenn sie Kritik am nationalistisch-fundamentalistischen Islam und seinen Repräsentant*innen üben. Doch damit nicht genug: Viele der liberalen Muslime stehen gerade wegen dieser Kritik unter ständigem Polizeischutz und leben mit Morddrohungen.
Diese Situation muss sich dringend ändern, findet auch eine prominente Vertreterin der liberalen Muslime – die SPD-Politikerin Lale Akgün. Sie stört es seit langem, dass das Bild des Islams in Deutschland mittlerweile von Kopftuch tragenden Frauen und jungen Männern in salafistischem Outfit bestimmt wird. Das im Grundgesetz garantierte Recht auf Freiheit des Bekenntnisses und auf ungestörte Religionsausübung beinhaltet ihrer Ansicht nach nicht das Recht, religiöse Normen im öffentlichen Raum durchzusetzen. Deswegen fordert sie einen säkularen Staat, in dem alle Religionen ihren Platz haben und gleichberechtigt behandelt werden, jedoch nicht das öffentliche Leben bestimmen können. Lale Akgün will andere darin bestärken, sich endlich vom konservativen Gebots-Islam der Funktionäre zu emanzipieren. Sie sieht die Muslime selbst in der Pflicht, den Bedenken der nichtmuslimischen Bevölkerung positiv entgegenzuwirken, nämlich durch die Entwicklung eines Islams, der mit den Menschenrechten vollumfänglich vereinbar ist. Dieser Islam muss der uneingeschränkten Gleichberechtigung von Frauen und Männern, den Rechten von Kindern und der (sexuellen) Selbstbestimmung des Individuums Rechnung tragen und darf die Scharia nicht über rechtsstaatliche Gesetze stellen. Soeben ist ihr Buch „Platz da! Hier kommen die aufgeklärten Muslime – Schluss mit der Vorherrschaft des konservativen Islams in Deutschland“ (Alibri Verlag) erschienen.

Dr. Lale Akgün wurde 1953 in Istanbul geboren. Nach dem Studium der Medizin und Psychologie in Marburg promovierte sie 1987 an der Universität Köln im Fachbereich Psychologie und arbeitete anschließend in der Familienberatung. Von 1997 bis 2002 leitete sie das dem nordrhein-westfälischen Sozialministerium unterstellte Landeszentrum für Zuwanderung (LzZ). Von 2002 bis 2009 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages (SPD) . Anschließend arbeitete sie in der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit November 2017 ist sie Senior Researcher an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Im November 2018 hat sie gemeinsam mit Cem Özdemir, Seyran Ateş, Hamed Abdel-Samad, Ahmad Mansour, Necla Kelek, Bassam Tibi, Ali Ertan Toprak, Ralph Ghadban und Susanne Schröter die Initiative säkularer Islam gegründet, die für eine weitgehende Trennung von Religion und Politik eintritt, sich für einen zeitgemäßen, aufgeklärten, demokratiefähigen Islam einsetzt, der selbstkritisch und offen für Kritik von außen ist und der die Anerkennung der Islamverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgrund demokratischer Vorbehalte ablehnt.